Mozartgasse 5: Zollfahndungsstelle 

In dem von Herbert Eichholzer und Friedrich Zotter 1937 geplanten Wohnhaus und Sanatorium für Dr. Philipp Erlacher zog nach dem „Anschluss“ 1938 die Zollfahndungsstelle ein. Diese war ein Rädchen im Prozess der „Arisierung“, der Beraubung der jüdischen Bevölkerung der Steiermark.

Kurztext von Dr. Halbrainer, mehr im Rundgangsführer: Heimo Halbrainer: Terror und Erinnerung.
NS-Institutionen und Orte des Widerstands im Bezirk Geidorf.
 
Ende 1938 öffnete die „Zollfahndungsstelle“ in der Mozartgasse 5.
Aufgrund der „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens“ vom 3.12.38 herrschte eine Anmeldepflicht auch für Schmuckgegenstände. Bei der Zollfahndungsstelle erfolgte dann die Übergabe von Schmuck sowie Wertgegenständen in Graz, der Verkehrswert wurde geschätzt und in einem „Schätzungsprotokoll“ bestätigt.
Obwohl die Wertgegenstände eigentlich nach Berlin gehen sollen, finden hier in der Mozartgasse regelmäßig Versteigerungen statt. So kommt die Grazer Bevölkerung günstig zu Schmuckstücken, die wohl auch heute noch in einigen Schubladen ruhen.
 
 
Harald Salzmann, 1921 in Graz geboren, war langjähriger Kultusrat der Israelitischen Kultusgemeinde und überlebte die NS-Zeit in Tanger. Kurz vor seinem Tod am 27.10.1990 berichtete er von den Ereignissen: „Es muß im Dezember 1938 gewesen sein, da bekamen wir – wie ich heute vermute – über die Israelitische Kultusgemeinde ein amtliches NS-Formular zugestellt. Auf diesem Papierbogen wurde nach Schmuck und Wertgegenständen gefragt, eine Anmeldepflicht bei strengster Strafandrohung
So wurde mir 18jährigem Jungen der Rat erteilt, um Gotteswillen nur ja alles anmelden. …
Anfang Februar 1939, ich erinnere mich an die Szene, kamen zwei NS-Beamte zu uns, zeigten das Anmeldeformular vor, um den gesamten Schmuck für die Zollfahndungsstelle Graz, Mozartgasse 5, einzufordern. Meine Mutter war noch so naiv, diese beamteten Naziräuber zu fragen, ob sie zum ganzen Schmuck – auch die große, schöne Schmuckschatulle mitgeben solle…
Die von den Nazis geraubten Schmuckstücke wurden hierauf im Monat März 1939 zur Versteigerungsanmeldung freigegeben, d.h. zur Billigversteigerung an die arische Bevölkerung von Graz freigegeben.“      
Harald Salzmann:„Ich bin in Graz als jüdischer Junge aufgewachsen“, veröffentlicht 1991 im Historischen Jahrbuch der Stadt Graz, Bd 21/22. S.158.